Der Kunde im Fokus

Was zeichnet ein gutes Kundenerlebnis aus und wieso ist es so wichtig für ein Unternehmen?

Artikel
Lesedauer: 3 Minuten2019-08-27
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Alle reden von Kundenreise und Kundenerlebnis, oder noch lieber von Customer Journey und Customer Experience. Doch was steckt dahinter? Warum ist ein gutes Kundenerlebnis so wichtig für Unternehmen? Und wie können Unternehmen ein gutes Kundenerlebnis sicherstellen?*

Als ich die Schnürsenkel meiner neuen “on”-Laufschuhe festzurre, passiert es: Eine Öse am rechten Schuh reißt ein. Das war es nun – mit meinem sonnigen Lauf, aber auch mit meinen Schuhen, für die ich gerade ein Vermögen ausgegeben habe. Ich mache meinem Frust auf Facebook Luft, und schon kurze Zeit später meldet sich eine Mitarbeiterin von “on” bei mir. Ein Foto des kaputten Schuhs reicht – wenige Tage später erhalte ich ein Paket mit einem neuen Paar Schuhe in meiner Wunschfarbe.

Im Nachhinein betrachtet war das ein sehr kritischer Punkt in meiner Kundenerfahrung, gerne auch englisch als Customer Experience oder kurz CX bezeichnet. Wenn das Unternehmen nicht so kulant reagiert hätte, hätte ich vermutlich nie wieder ein weiteres Paar “on”-Schuhe gekauft, geschweige denn würde ich heute von “on” als einem Beispiel für ein exzellentes Kundenerlebnis sprechen.

Ein gutes Kundenerlebnis ist heute ein Muss

Was genau ist denn eigentlich ein “Kundenerlebnis”? Der Autor Matt Watkinson definiert es so: “Das Kundenerlebnis bezeichnet die Qualität jeder Interaktion einer Person mit einem Unternehmen, seinen Produkten oder Dienstleistungen; egal zu welchem Zeitpunkt.” Diese Definition macht deutlich, dass ein gutes Kundenerlebnis subjektiv und nicht auf die Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen beschränkt ist. Es geht vielmehr um den Eindruck, den ich gewinne, indem ich als Individuum mit einem Unternehmen und seinen Marken oder Dienstleistungen in Berührung komme. Dazu muss ich nicht notwendigerweise Kunde sein: Auch wenn ich kein Amazon-Prime Konto besitze, habe ich eine Meinung zu der Marke und dem Angebot, da ich damit gewisse Eigenschaften, Vermutungen oder Erfahrungen assoziiere. Auch in diesem Fall spricht man von Kundenerlebnis.

Das Kundenerlebnis als Werkzeug

Es ist schwierig, Kunden über ein exzellentes Kundenerlebnis zu gewinnen. Es ist aber ein mächtiges Werkzeug, um Kunden zu halten. Studien zeigen, dass die Kundentreue im Wesentlichen davon abhängt, wie einfach der Kunde es schafft, sein Ziel mit einem Produkt oder eine Dienstleistung zu erreichen. Macht ein Kunde heute eine schlechte Erfahrung, kann er seinem Ärger in den sozialen Medien Luft machen und so potenzielle Kunden vergraulen. Deshalb ist es aus meiner Sicht eine Notwendigkeit und kein “nettes Extra”, sich auf ein ganzheitliches, emotionales Kundenerlebnis zu fokussieren.

Vier Prinzipien für ein exzellentes Kundenerlebnis

Doch wie geht das? Über die Jahre habe ich vier Prinzipien identifiziert, die dabei helfen, ein gutes Kundenerlebnis zu schaffen.

#1 Kenne deine Zielkunden

Wer nicht weiss, wer seine Zielkunden sind, kann die Kundenerfahrung auch nicht an deren Bedürfnisse anpassen. Unternehmen brauchen ein klares Bild, in welcher Lebensphase sich die Kunden befinden, was ihre Lebensziele und Werte sind, welche Erfahrungen sie bereits mit ähnlichen Produkten und Dienstleistungen gesammelt haben und was ihnen dabei wichtig ist. Ihr solltet wissen, wie eure Kunden Kaufentscheidungen treffen und wie ihr Alltag aussieht.

#2 Hilf dem Kunden, seine Ziele zu erreichen

Ein Spruch von Clayton Christensen besagt, dass Kunden ein Produkt oder eine Dienstleistung kaufen, weil sie damit ein bestimmtes Ziel erreichen wollen (“Customers don’t just buy products, they hire them to do a job”). Je einfacher es für den Kunden ist, das Ziel zu erreichen, desto zufriedener und loyaler ist er. Macht euch dieses Prinzip zur Leitidee jeder Kundenreise! Wichtig ist dabei, den Kunden entscheiden zu lassen. Dazu gehört auch, die Kundenreise immer aus Sicht des Kunden zu denken und konsistent zu halten. Denn dem Kunden ist es egal, dass er über seine gesamte Kundenreise mit vielen einzelnen Bereichen eines Unternehmens in Kontakt kommt – etwa mit dem Marketing, der PR-Abteilung, dem Vertrieb oder dem Kundenservice. Wenn die Kundenerfahrung nicht kundenzentriert gestaltet und optimiert wird, kann sich das für den Kunden wie eine Fahrt über eine Strasse mit vielen Schlaglöchern anfühlen: Jedes Mal, wenn ein anderer Bereich die Kundenreise beeinflusst, wird es holprig. Genau das gilt es zu vermeiden – und das verlangt eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Unternehmensbereichen.

#3 Personalisiere die Interaktion mit dem Kunden

Persönliche Kundenkommunikation hat einen zentralen Stellenwert in der Kundenreise. Sie stellt sicher, dass der Kunde relevante Inhalte oder Produktempfehlungen bekommt. E-Mail-Marketing ist zwar schnell und günstig, und es ist ungemein verlockend, regelmäßig Massen-E-Mails an Kunden zu verschicken, um beispielsweise die Vertriebsziele zu erreichen. Doch auch wenn das technisch möglich ist, solltet ihr davon keinen unbedarften Gebrauch machen. Denn dafür gibt es einen Namen – Spam. Kunden bestrafen Spam sofort. Studien zeigen, dass 78% der Kunden sich von Newslettern abmelden, wenn sie zu viele E-Mails erhalten. Ähnlich sieht es mit Push Notifications aus. 37% deaktivieren Push Notifications, wenn sie zwei bis fünf Mal die Woche Benachrichtigungen erhalten. Sind es mehr als zehn Benachrichtigungen in der Woche, nutzen 21% die App überhaupt nicht mehr. Dies sind alarmierende Zahlen, denn Kunden, die sich abmelden oder die App nicht mehr nutzen, sind nicht mehr zu erreichen. Umso wichtiger ist es, Interaktionen zu individualisieren, sodass die Inhalte für den Kunden einen echten Mehrwert bieten.

#4 Testet, testet, testet

Zu guter Letzt: Testet alle eure Annahmen. Denn die Tatsache, dass jeder von uns selbst Kunde ist, ist nicht immer hilfreich, wenn es darum geht, die beste Kundenerfahrung zu gestalten. Zu verlockend ist die Überzeugung, dass man selbst als exemplarischer Kunde herhalten kann. Dabei vergisst man leicht, dass die Zielgruppe vielleicht ganz anders tickt als man selbst. Seien es quantitative A/B Tests und Experimente oder qualitative Nutzertests, Interviews oder Fokusgruppen – Tests öffnen die Augen und fördern ein echtes Kundenverständnis.

*In der Zwischenzeit ist Claire zu neuen Abenteuern jenseits der Versicherungsindustrie aufgebrochen. Wenn du mit ihr in Kontakt treten willst, halte deine Augen auf LinkedIn offen.

In diesem Sinne: Frohes Tüfteln an der Kundenreise!

Björn
Autor: Björn